Zuletzt geändert am 14.4.2017
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Flevonautik

Das ist der erste Versuch einer mittlerweile durchaus ernst zu nehmenden Flevoseite von Niels
Das soll keine allgemeine "Einführung in die Liegeradkunde im Allgemeinen" werden, sondern nur das Supplement für "das Flevofahren im Besonderen".
Laßt Euch also bitte nicht von dem Text abschrecken, falls Ihr andere Liegeräder (also keine Knicklenker wie Flevo, Airbike,...) fahren wollt, diese sind deutlich einfacher zu fahren!

Warum eigentlich Flevo fahren ?

Das Gefühl (wieder neu Fahrrad fahren zu lernen)
zu schweben (durch die gute Federung beim schnellen freihändigfahren über Bodenwellen)
Meditationshilfe (das konzentrierte "Entspannen in Aktion" wird trainiert)
Sicherheit (durch die einzigartige Möglichkeit des kontinuierlichen "Beten, daß nix passiert" während der Fahrt !)

Wie lernt man nun Flevo fahren ?

Voraussetzungen

Hardware

Flevo	als Bikeversion. Trikes werden hier mangels Erfahrung nicht behandelt
Handschuhe	Machen sich ganz gut bei den häufigeren Änderungen der Position in Richtung Horizontale...
knöchelhohe Schuhe	Pedale können in der Reihenfolge Mensch/Rad/Pedal/Knöchel/Asphalt recht weh tun. Eine Wunde musste schon genäht werden ;^(
Platz	Nicht zu knapp, Erläuterungen weiter unten
Mut	Aber es wird ein unbeschreibliches Erlebnis: Endlich wieder unbedarft wie ein Kind fühlen

Übungsort

Nicht auf der Straße
Auf einem leeren Parkplatz mit gutem Asphalt oder einer anderen glatten Oberfläche.
Auf keinen Fall Schotter etc.
Wirklich ohne Autos!
Und nicht zu klein. Während der Lernphase in den ersten zehn Stunden ist von einer notwendigen Spurbreite von minimal 5 m auszugehen.
Der Parkplatz sollte also ein Mehrfaches an Größe haben, damit mensch auch Kurven üben kann.

Zeitbedarf

Ich habe dafür innerhalb von zwei Wochen ca. 7-10 Abende à 1 h gebraucht, bevor ich mich das erste Mal in sehr ruhigen Verkehr traute. Damit scheine ich so ziemlich im Mittelfeld zu liegen.

Warum ist ein Flevo eigentlich anders als andere Liegeräder ?

Ich vermute, die Hauptursache hängt mit der Lage der Lenkachse zusammen. Durch das zentrale Lenklager geht jede Änderung des Einschlagwinkels des Vorderrades mit einer recht starken Verschiebung des Schwerpunktes einher.
Ein "normales" Lenken ohne Berücksichtigung dieser Verschiebung führt also schnell schmerzhaft 50cm tiefer !
Die Verbindung zwischen Lenkeneinschlag, Kurvenradius und Schräglage ist antrainiert. Der Mensch weiß und fühlt, wie er das bei einem normalen Rad machen muß.
Dummerweise sieht das Verhältnis beim Flevo ganz anders aus: Die Lenkeinschläge sind gering, die Schräglagen sehr groß.
Der "Kopf" zerrt am Lenker um die Kiste in eine Richtung zu zwingen, das Gleichgewichtsgefühl reagiert aber nicht der Situation entsprechend...
Durch diese starke Wechselwirkung von Lenkeinschlag und Schwerpunktsverlagerung kann beim Flevo auf das Lenken am Lenker verzichtet werden.
Die Parallele zum Skifahren liegt da nahe. Am Anfang weiß man auch nicht so recht, wie man da jenseits des Pflugbogens Kurven fahren soll, und später geht es durch kleine Impulse...

Also, wie nun anfangen ?

Schiebung
Einer schiebt und hält von Hinten.
Das ist gut für die ersten 3 Minuten, danach aber genause blöde wie Stützräder bei den lieben Kleinen. Wie es sich generell auf 2 Rädern verhält, wissen alle (?), die ein Flevo probieren wollen.
Aber es kommt ja auf das Gefühl an, und das ist dann nicht mehr mit dem Hintern zu erlangen, sondern das hält der/die Hintermann/-Frau in den Händen. Suboptimal.
Also: Als Anfahrthilfe ggf. erlaubt, aber nur die ersten Versuche. Ach ja, falls es gar nicht klappt: Schaut mal nach, ob Ihr auch Euren Lenkungsdämpfer ("Diabolo" oder mißverständlicherweise auch "Powerjoint" genannt) eingebaut habt. Ohne gehts nich ! Basta !

Die Hände Haltet Euch bloß nicht am Lenker fest ! Locker lassen, ganz locker. Am besten nur mit den Fingerspitzen. Was Eure Hände jetzt machen wollen ist einfach nur kopfgesteuerter Unsinn. Falsch programmiert sozusagen.

Kein Witz: Freihändig fahren ist einfacher. Ich hatte nach den ersten Übungstagen so ziemlich die Schnauze voll, tierisch Muskelkater und war frustriert. Dann hatte ich mich an die Newsgroups erinnert, die da von freihändig fahrenden Yogis etc. erzählten, und schwupp:
Es ging. Kurze Zeit später gleich so gut wie vorher mit Händen am Lenker festgekrallt.
Am Anfang will das Flevo Kurven fahren. Überlaßt es einfach seinen Willen und seid nicht dickköpfig. Wer am Anfang den starken Mann spielen und am Lenker zerren will, findet sich kurze Zeit später auf dem Asphalt wieder. Kurvt einfach so lange rum, bis Ihr da seid, wo Ihr hinwollt.
Wenns nicht klappt, dann wollt da hin, wo Euch das Flevo geleitet. Das ist die einfachste Variante.

Untergrund Gerade am Anfang muß mensch sich häufig mit einem beherzten Treten aus Kurven herausziehen. Dafür wird eine gute Traktion der Reifen gebraucht, also vergesst Schotter etc. Das kommt in einer späteren Lektion.

Was geht nicht mit einem Flevo ?

Anfahren am Berg ist und bleibt einfach Scheiße, besonders bei Schotter (mangelndes Traktion des angetriebenen Vorderrades).
Einen Berg schnell genußvoll runterrollen (schlechtere Lenkung, wenn nicht getreten wird)
langsam fahren. Leider besonders in der Stadt wichtig.
Mountainbike Strecken fahren (Knicklenker und Federung...)
Schmale Pfade bei feuchtem Untergrund: Anfahren unmöglich
völlig unkonzentriert fahren (sollte man bei eh Verkehr nie, beim Flevo aber auch so nicht)
sich völlig unbeobachtet fühlen können (irgendjemand guckt immer)

Und was geht (mit etwas Übung) ? (Mein Stand damals nach ca. 3 Jahren und ca. 1.200 km)

Geschwindigkeiten: unter 6 km/h geht nix, 6-8 km/h irgendwie. Ab 8 km/h kann ich es kontrollieren. Ab 12 km/h geht es in die Komfortzone, die bis ca. 22-24 km/h anhält (Reisegeschwindigkeit). Den Berg runter ab 40 km/h fühle ich mich derzeit noch unsicher.
Reisegeschwindigkeit derzeit bei mir über Land ca. 22 km/h ("mit meinem Normalrad" 24 km/h), trainiertere Flevonauten sprechen von ca. 30 km/h(!)
Waldwege sind gut fahrbar. Matsch und Schotter bleiben aber schwierig
Freihändig die Gegend anguckend schnell über schmale Feldwege rauschen.
Berg rauf mit Gepäck ist immer noch Scheiße

Generell erstaunte mich, daß ich auch nach etlichen Hundert Kilometer immer noch was lerne ;^)
Mit einem "Normalrad" fühle ich mich immer noch sicherer.

Mein Fazit zum Flevo:

Ich benutze das Flevo mit Lust bei kleineren Radtouren, der Meditationseffekt ist einfach klasse. Es macht deutlich mehr Spaß als andere Räder.
Für eine reguläre Nutzung in der Stadt kann ich es nicht langsam genug fahren (ist flevospezifisch), und ich habe zu wenig Überblick (liegeradspezifisch)
Für längere Touren mit Gepäck ist das Anfahren ein Problem (die Mindestgeschwindigkeit muß halt schnell ereicht werden), und der Vorderradantrieb ist bei losen Untergründen ungünstig

Persönliches Fazit: Für mich als Liebhaber des Freihändigfahrens ein nettes Funbike, aber nicht Stadt-/Alltagstauglich.
Interessenten für andere Liegeräder sollen das alles hier nicht so ernst nehmen, wer nicht gerade ein Airbike fahren möchte, wird als Liegeradanfänger mit anderen Modellen wesentlich weniger bis gar keine Probleme haben, sondern sich nur etwas eingewöhnen müssen. Speziell für Radtouren abseits befestigter Straßen sind andere Liegeräder deutlich besser geeignet als ein Flevo.

Details zu meinem Flevo

Zen, oder die Kunst ein Flevo zu fahren Man kann einfach die Hände in den Schoß legen und fast nix tun außer treten.

Gute Links zu Flevos und Liegerädern im Allgemeinen:
http://flevofanclub.ligfiets.net/ schöne Sammlung vieler Flevo-Links
www.ligfietsshop.nl/, der kommerzielle Originalhersteller in Holland
www.liegeradforum.de, alles ums Liegerad
www.Liegerad.com u.a. Gebrauchtbörse
www.hpv.org, allgemein was zu HPVs, Mailingliste etc.
www.pedalkraft.de, sehr empfehlenswerter Laden
http://www.airbike.de/berichte/herwig1.htm, eine schöne Diskussion über das Airbike
tandem-fahren.de/Technik/Sehr gute Technikseite, nicht nur für Tandems
http://www.enhydralutris.de Die umfassenste Literatur zur Fahrradbeleuchtung !!!
Der Flevo Bauanleitung ist auch online verfügbar
Eine sehr gute Auflistung von Liegerad Vor- und Nachteilen von Werner Stiffel
http://www.pedaltreter.de/~karlsruhe/, 'meine' lokale HPV-Gruppe...

... und zu anderen Flevotisten im besonderen:
Martin Anderseck
wannee.nl/hpv/variatie/e-index.htm Erik Wannee, tolle Detailverbesserungen des Flevos
Olaf Schultz HH

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